Mittwoch, August 02, 2006

Berlin roch am 1. Aug. nach Zürich


"Wonach riecht Zürich?", fragte der Schweizer Schauspieler Stefan Gubser von der Bühne herab. Hinter ihm hing ein grosses Foto der Zürcher Innenstadt. Wer aus dem Publikum zum Beispiel "Innovation" oder "Musik" rief, hatte einen gesponserten Preis gewonnen.

Zürich durfte sich gestern am Schweizer Nationalfeiertag unter dem Motto "Zürichs Duft in der Berliner Luft" auf dem zentralen Berliner Boulevard "Unter den Linden" präsentieren: Duftzerstäuber, die Ventilatoren glichen, hingen an Bäumen und versprühten aromatische Duftwellen. Diese starken Düfte in der Nase waren eher unpassend zum leckeren Geschmack der gratis verteilten "Zürcher Kebabs": Brottaschen, die mit Züri-Geschnetzeltem und Champignons gefüllt waren. Diese waren eigens für den Anlass kreiert worden und hiessen "Züri Schnure", das Pendant zur "Berliner Schnauze". Ausstellungsplakate zwischen Bäumen versuchten darzustellen, wonach Zürich sonst noch riecht: eben zum Beispiel nach "Musik" (Zürcher Tonhalle) und nach "Innovation" (Universität und ETH Zürich).

Die lustigen "Acapickels" hatten wir leider bereits verpasst, als wir gegen 13 Uhr auf dem Festplatz am Boulevard "Unter den Linden" eintrafen, um zu sehen, wie sich unser Heimatkanton der Berliner Bevölkerung vorstellt. Auch der aktuelle Schweizer Botschafter Christian Blickenstorfer und die Zürcher Regierungspräsidentin Verena Diener hatten die anwesende Festgemeinschaft bereits begrüsst.

Schweizerdeutsch war überall zu hören und diverse Promis schlenderten über den Platz: PR-Berater Stöhlker, der von Berlin nach Zürich zurückkehrende Roger Köppel wie auch Rita Fuhrer mit Ehemann und die Zürcher FDP-Präsidentin Doris Fiala. Ein Mitarbeiter von Radio 24 kam auf der Jagd nach O-Tönen ebenfalls auf uns zu. Er hielt uns das Mikrofon unter die Nase und fragte, ob uns die "Züri Schnure" schmecke. Als wir schweizerdeutsch antworteten, brach er ab und sagte, er brauche deutsche Stimmen für seinen Beitrag. Das Publikum war insgesamt stark überaltert, und ich fragte mich irgendwie, wo denn die ganzen jungen und trendigen Berlin-Zürcherinnen und -Zürcher geblieben waren.

Ein Höhepunkt war immerhin das Konzert der Jazz-Pianistin Irène Schweizer, die seit langen Jahren in Zürich wohnt. Ihr Schaffhauser Dialekt verrät aber noch immer ihren ursprünglichen Heimatkanton. Sie spielte zusammen mit dem Saxophonisten Omri Ziegele. Zwischendurch moderierte Stefan Gubser wieder ein gesponsertes Quiz. Die Fragen waren - wie für solche Rätsel charakteristisch - lächerlich einfach und rasch beantwortbar. Das Überreichen der corporate sponsored Preise war dafür um so ausführlicher und die Preisgeber wurden mehrfach genannt.

Insgesamt vermochte aus meiner Sicht am Zürcher Fest "Unter den Linden" nicht wirklich eine feierliche Stimmung aufzukommen. Die Zürcher Image-Werbung wirkte auf mich ziemlich steif. Ich fragte mich, was ich wohl als Berlinerin für ein Bild von Zürich vermittelt bekommen hätte, wenn ich dem Aufruf des Berliner Medienpartners "Tagesspiegel" gefolgt wäre und zum Fest gekommen wäre. Das kostenlose Essen schien bei den Festbesucherinnen und -besuchern jedoch gut anzukommen und bestimmt wurden ein paar gute wirtschaftliche und politische Kontakte geknüpft. Der Riesling x Sylvaner, Wein aus dem Zürcher Staatskeller, ist leider noch vor Ende des Fests ausgegangen.