Wege nach Züri-Berlin

Eine besonders unterhaltsame Rubrik von Bloggerin sopran (eine ähnlich unverbesserliche Passig-Verehrerin wie meine Wenigkeit), ist jene namens Wege zu mir. Aus Blog-Statistiken geht hervor, was man mit Tastaturen so anstellen kann und mit welchen unglaublichen Fragen unbekannte Menschen plötzlich auf das ausufernde Geschreibsel in Blogs stossen. Von sopran wollen z.B. Googelnde wissen: "wer hat PMS erfunden", "Was an Sachen darf ich mit ins Gefängnis nehmen", "Liebhaber breiter Hüften", "möchte so gerne ratte eltern dagegen" und was es mit "schnörzen" auf sich hat.

Und wenn wir schon in selbstreferenziellen Gewässern der Blogosphäre dümpeln:


"Nein, ich bin erstaunlicherweise nicht Vegetarierin, war es noch nie, und ich habe zwar nichts gegen pestizidfreie, hormonlose und gentechnisch unveränderte Lebensmittel, aber ich esse tatsächlich auch schamlos Unge-Bio-Label-tes. Sogar ein paar mal geflogen bin ich schon, was mich durch meinen fast autofreien Lebenswandel auch nicht mehr in den Ökohimmel katapultieren wird. Immerhin gebe ich zu, schon mal zur Gewissensberuhigung ein MyClimate-Ticket gekauft zu haben. Auch wenn ich keinen Fernseher habe, gibt es bei mir zu Hause und in netten Cafés doch so etwas wie dieses Internet, und ich habe auch kein selbstgehäkeltes Handytäschchen."
Wer gelobt wird, soll – wenn angebracht – zurückloben. Über den Blogdenunziaten ist zu sagen, dass er ein wahrer digitaler Verkleidungskünstler ist. Er betreibt gleichzeitig eine unüberschaubare Zahl von Kanälen, ist zugleich Verwerter, Positivist, Dissident, "heute"-Satiriker, blicksam, Frank Schrillmacher und eigentlich David Berger, von dem ich mich ernsthaft frage, wann er schläft und frische Luft atmet, und von dem ich gerne irgendwann mal Gedrucktes lesen möchte. Das würde nämlich auch die Unüberschaubarkeit seines literarisch flinken publizistischen Schaffens angenehm eingrenzen.
Und noch etwas in eigener Sache:
Der letzte Eintrag wusste erstaunlicherweise den Schnellschuss einer Redaktorin der anderen - nicht "heutigen" - Zürcher Gratiszeitung zu verhindern. Diese rief mich nämlich gestern wegen meines spontanen Aufrufs zu einer E-Mail-Petition an, die einem tollen, jungen Assistenzprofessor zugedacht ist. Dieser muss wahrscheinlich unser – vergleichsweise ohnehin sehr dürftig mit Lehrstühlen bestücktes – Institut an der Uni Zürich zugunsten eines zurzeit in Konstanz tätigen Professors verlassen. Hätte die gute "20 Minuten"-Reporterin nicht beim Namen-Googlen meinen Eintrag zum Thema "Deutsche in der Schweiz" gefunden, müsste man sich schon fast wieder auf eine Schlagzeile in der Gratiszeitung gefasst machen im Stil von: "Schweizer Professor für einen Deutschen abgesetzt". Dazu sind Blogs offenbar da: Skandalhungrigen Gratisblättern von Beginn weg klar machen, dass sie damit an der falschen Adresse wären. Der Artikel über die Petition wurde inzwischen auf nächste Woche verschoben, ich sammle fleissig Namen von Mitstudierenden, die ebenso die Betreuungssituation am Institut für Politikwissenschaft verbessern wollen und den geschätzten Assistenzprofessor bei uns behalten möchten. Meine Mailbox überquillt. Ganz froh bin ich im Übrigen über die Tatsache, dass schliesslich festgestellt wurde, dass jener Professor in Konstanz ohnehin Schweizer ist, was die befürchtete Schlagzeile schlagartig in Luft auflöste.
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