Montag, April 23, 2007

Von der Berliner Konferenz hinab nach Züri

Von der schönen und inspirierenden re:publica-Konferenz in der Berliner Kalkscheune bin ich längst wieder hinabgestiegen. Sowohl geografisch in den Süden hinab wie auch grammatisch. Deutschländisch-deutsch befindet man sich ja auf einer Konferenz, während man helvetisch-deutsch an einer Konferenz ist. So gesehen befinden sich Konferenzteilnehmende aus Schweizer Sicht in Deutschland oben drauf, und Nicht- Konferenzteilnehmende folglich darunter. Seltsamerweise geht man in Helvetien aber auch auf die Post, obwohl man eigentlich nicht darauf, sondern hinein bzw. in Deutschland zur Post geht. Berliner Studierende gehen zur Uni, Zürcher Kopflastige hingegen an die Uni.

Tour de Berlin
Am letzten Konferenznachmittag schlich ich von der Kalkscheune aus zum Bahnhof Friedrichstraße, mietete ein Fahrrad und klapperte in Kürze den touristischsten Berliner Stadtteil rund um das Boulevard "Unter den Linden" ab. Wo letzten Sommer beim Brandenburger Tor grosse WM-Stimmung gemacht wurde, hat nun Europa Einzug gehalten – sogar direkt neben der EU-freien Zone, der Schweizer Botschaft, werden europäische Ideen entwickelt.

Und es gibt gar Anzeichen dafür, dass in Europa frischerer Wind weht als in Deutschland. So sprachen jedenfalls an jenem Nachmittag die Flaggen vor dem deutschen Bundestag.

Der Palast der Republik - ein langwieriges Abriss-Projekt ausgedehnter (politisch korrekt gesprochen) "selektiver Rückbau" - ist noch etwas durchsichtiger geworden seit meinem letzten Besuch. Der ehemalige DDR- Regierungspalast kommt mir in seiner entsorgungs- technischen Widerspens- tigkeit vor, als würde er sich sinnbildlich gegen die Wegrationierung der Vergangenheit wehren, die nicht direkt in der Ostalgie-Souvenir-Maschinerie verwertbar ist.

Von Nike gesponserte WM-Kunst ist hinter dem Kulturzentrum "Tacheles" noch immer zu finden und auch ungesponserte Berliner Streetart fasziniert mich weiterhin.

Zum ersten Mal habe ich mich zudem an die hinteren Enden der Waschmaschinen-Architektur des Kanzleramtes getraut.

Am letzten Abend, vor der Hast zum südwärts gerichteten CityNightLine am Berlin Hbf, war noch Zeit für einen Transfer von Berlin-Mitte nach Kreuzberg. Die ewige Baustelle neben der S-Bahn beim Alexanderplatz hat massiv-rote Formen angenommen und der wunderbare Ausblick von der U1 auf der Oberbaumbrücke verrät, dass nun leider doch ein sauerstoffhaltiges Mobilfunkunternehmen an der wässrigen Spree die Strandbars hinter der East Side Gallery verdrängen wird.
Am Schlesischen Tor, meinem ehemaligen Berliner Wohnort, hat sich weniger verändert als erwartet: Die harte Döner-Konkurrenz zwischen dem Bistro Bagdad und dem Türkiyem Imbiss hält an und das vietnamesische Restaurant Cûno nebenan kocht noch immer leckere "fliegende Ente" (obwohl man sich natürlich streiten kann, wie sehr die duck in diesem köstlichen Zustand noch flying ist) und die Bedienung ist - für Berliner Verhältnisse - weiterhin unschlagbar freundlich.



Tour de Germanophonie
Nach der Konferenz absolvierte ich innerhalb von 24 Stunden eine wahre Tour de Germanophonie - mit dem Nachtzug von Berlin nach Zürich, und am selben späteren Nachmittag übers Wochenende in den erholsamen Bregenzerwald. Ich ratterte in diversen Eisenbahn-Modellen durch Deutschland, die Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein nach Österreich. Gefehlt hat nur noch Luxemburg. Und vielleicht noch Ostbelgien und Südtirol. Und wer es ganz genau nimmt, könnte natürlich auch einwenden, dass ich die Nordschleswiger in Dänemark, die Dobrutschadeutschen auch berücksichtigen müsste, und bitteschön auch gleich die Siebenbürger Sachsen, wenn ich schon behaupte, nach regem Verkehr auf den Datenautobahnen der re:publica-Konferenz, in Rekordzeit auf Zugschienen durch so einige deutschsprachige Länder gerast zu sein.

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Donnerstag, April 12, 2007

re:publica in Berlin



Nach so einigen digital hergestellten Verbindungen zwischen den hier lobbesungenen Städten, habe ich dank CityNightLine mal wieder eine analoge herstellen können: Meine laufende Lizenziatsarbeit (teutonisch: Magisterarbeit) und ein nettes Begleitungsangebot haben mich von Züri an die re:publica in der Berliner Kalkscheune katapultiert. Hier tummeln sich zurzeit rund 700 Menschen, die so einige Zeit in den Sphären hinter den Bildschirmen verbringen, und diskutieren drei Tage lang über Internet, Gesellschaft und Politik.

In Sälen mit Gesellschafts- und Online-Interessierten mit Laptops auf den Knien zu sitzen, zwischendurch in der wärmenden Berliner Frühlingssonne eine Boulette für 2 € zu essen und ein Club Mate zu trinken, ist ganz wunderbar. Nach fleissigem Mitschreiben und Treffen von bisherigen Online-Bekanntschaften im Hof, war gestern sogar rasch Zeit, die schöne und geschichtsträchtige Berliner Synagoge zu besichtigen, eine der nicht abgetragenen Pendenzen aus meiner Berliner Zeit. Obwohl es in Berlin ja gar keine Pendenzen gibt, sondern bloss noch unerledigte Aufgaben und to do-lists.
Heute Abend tritt an der re:publica-Konferenz neben Toni Mahoni-Podcaster auch die Zentrale Intelligenz Agentur mit ihrem legendären PowerPoint-Karaoke auf, das am 20. Juni auch in Zürich in der Gessnerallee stattfinden wird. Sozusagen der Backlink zu meinem aktuellen Aufenthalt.

Mittwoch, April 04, 2007

Züri-Berlin Update

Berliner Bär in Zürich
Zu schön wär's gewesen – und dann war's doch nur der April-Scherz von Berichterstatter Christoph Zürcher aus Berlin.
Bereits unzählige Berliner und andere Blogs waren mit «Knuddel-Knut»- Content gespiesen worden, durch Boulevard- sowie durch Qualitätsmedien war das süsse Eisbärenbaby getapst. Und da es immer schicker wird, Blogs in bestehende Online-Portale von traditionellen Medienhäusern einzubinden, wurde auch Knut flugs zum bloggenden Trendopfer. Züri-Berlin hatte sich vornehm zurückgehalten, wurde inzwischen aber auch von der knutisierenden Nachrichtenspirale erfasst.
Am 1. April musste der kleine Eisbär vermeintlich politische Interessen mit Plüschfell umhüllen, bis sich dann offiziell herausstellte, dass gar die schönste Zürcher Sonntagszeitung «Cute Knut» dazu benutzte hatte, leichtgläubige Anteile der Zürcher Bevölkerung zu veraprilscherzen bzw. auf die Sechseläutenwiese zu bestellen.

Wie viele wegen Knut tatsächlich zur Zürcher Sechseläutenwiese gepilgert sind, steht nicht fest. Jedenfalls ist in Berlin der Bär los, in Zürich nun doch nicht mehr, aber vor vielen Jahren (manche steckten noch in Adidas-Kinderschuhen) waren auch in Züri mal gezähmte Wappentiere in allen Formen und Farben an der Zürcher Bahnhofstrasse anzutreffen gewesen:



Vermischte News aus Züri-Berlin

Drama und Skandal zum Schluss

Vergangene Woche trat Berlin einen weiteren Beweis an, dass es definitiv wieder in die Liga der Weltstädte gehört:



Aber nicht nur der Berliner Hauptbahnhof ist einmal mehr in Gefahr, sondern auch das Freitag-Taschen-Imperium in Zürich wird attackiert: